In fast jeder der über 200 Justizvollzugsanstalten in Deutschland arbeiten mehrere Psycholog*innen. Das Aufgabenspektrum ist dabei sehr vielfältig: Je nach Vollzugsart hat die Tätigkeit der Psycholog*innen verschiedene Schwerpunkte. Unabhängig von der Unterbringungsart sind Psycholog*innen für eine umfassende Eingangs- und Verlaufsdiagnostik zuständig. Sie wirken bei der Vorbereitung der Vollzugsplankonferenzen mit, die der Planung der individuellen Vollzugsmaßnahmen und ggf. Behandlungsmaßnahmen für jede*n Inhaftierte*n dienen. Hierzu zählt auch eine Indikationsstellung etwa hinsichtlich der Suchtbehandlung im Justizkrankenhaus und/ oder einer Sozialtherapie sowie der Anbindung an die externen forensischen Einrichtungen.
Einen zentralen Punkt der Arbeit des Psychologischen Dienstes der JVAn stellen die psychologischen Einzelgespräche zur rückfallpräventiven Auseinandersetzung mit den Straftaten (sog. Tataufarbeitung) dar. Weitere Arbeitsschwerpunkte sind die Suizidprophylaxe, die Krisenintervention und die psychologische Beratung. Vereinzelt werden auch spezifische Behandlungsgruppen angeboten. In allen JVAs sind Psycholog*innen in Entscheidungen über Lockerungen (z.B. Ausgang, Hafturlaub, Freigang) sowie zu vorzeitigen Entlassungen und die Entlassvorbereitung eingebunden. Einen weiteren Arbeitsbereich des Psychologischen Dienstes stellt die Angehörigenarbeit dar. Das Aufgabenspektrum rundet die Mitwirkung an den Eignungsuntersuchungen im Rahmen von Einstellungsverfahren des Allgemeinen Vollzugsdienstes und des Werkdienstes ab.
In Sozialtherapeutischen Anstalten und Abteilungen (bundesweit ca. 68) befinden sich überwiegend Gewalt- und Sexualstraftäter*innen, bei denen eine therapeutische Maßnahme zur Reduzierung des individuellen Rückfallrisikos indiziert ist. In dieser Sonderform des Strafvollzuges können Psycholog*innen sowohl in der Behandlung als auch in der Diagnostik tätig werden, wobei der Schwerpunkt der psychologischen Arbeit bei kriminaltherapeutischen Maßnahmen liegt. Eine therapeutische Zusatzausbildung ist wünschenswert.
Im Maßregelvollzug (Forensische Psychiatrie) werden schuldunfähige oder vermindert schuldfähige psychisch kranke Straftäter*innen untergebracht und behandelt, deren kriminelles Verhalten in einem engen Zusammenhang mit ihrer psychischen Störung steht und die aufgrund ihrer Erkrankung als gefährlich gelten, weil von ihnen weitere erhebliche Straftaten zu erwarten sind. Zudem können auch suchtkranke Straftäter*innen untergebracht werden. Während im Strafvollzug eine therapeutische Zusatzqualifikation normalerweise nicht erforderlich ist, wird die Ausbildung zur Psychologischen Psychotherapeut*in (oder zumindest die Bereitschaft dazu) im Maßregelvollzug gewünscht, ist aber nicht obligatorisch.
Die Berufsaussichten in diesen Arbeitsfeldern sind sehr gut. Aufgrund der unzureichenden Ausbildungssituation an den Hochschulen gibt es wenige Bewerber*innen, die im Bereich der Kriminalpsychologie qualifiziert sind. Den wenigen Bewerber*innen steht eine große Nachfrage gegenüber. Psycholog*innen im Strafvollzug profitieren von allen Vorteilen des öffentlichen Dienstes. Die Eingangsgehaltsstufe von Psycholog*innen ist in der Regel TVL13. Die meisten werden nach einigen Dienstjahren als Psychologierat bzw. -rätin verbeamtet (A13). Beförderungsmöglichkeiten sind bei der Übernahme einer größeren Verantwortung und/ oder vielen Dienstjahren gegeben. Es gibt inzwischen auch eine Reihe von JVAn, die von Psycholog*innen geleitet werden. Entsprechend qualifizierte Psycholog*innen können zusätzlich im Bereich der Begutachtung von Straftäter*innen (Kriminalprognose, Schuldfähigkeit, Verantwortungsreife etc.) tätig werden. Bevor man sich für eine Karriere im Strafvollzug entscheidet, sollte man unbedingt mindestens ein Praktikum in diesem speziellen Setting gemacht haben. Wichtig für die Tätigkeit ist Freude daran, mit sehr unterschiedlichen und z.T. schwierigen Menschen zusammenzuarbeiten, diese Menschen und ihre Würde zu respektieren und trotz vieler Widerstände etwas bewirken zu wollen.